Nachdem es in Teil 1 des Interviews um den Umgang in Hoyerswerda mit dem Pogrom von 1991 und mit rechter Gewalt ging, sprechen wir im zweiten Teil über die konkreten Ansätze, öffentliche Erinnerung in der Stadt zu gestalten. Im Gespräch: Mathias und Marius von der Initiative pogrom 91. Weiterlesen
Kategorie-Archiv: Interview
„Das einzige Opfer, das man in Hoyerswerda bis heute sieht, ist Hoyerswerda selbst…“ – Interview mit pogrom 91 (Teil 1)
Vom 17. bis 23. September 1991 griff ein Mob aus Neonazis mit der Unterstützung von Bürger/innen ein Heim für Asylbewerber/innen und die Unterkünfte sogenannter Vertragsarbeiter/innen an. Die Polizei war weder willens noch in der Lage, sich gegen die Angreifer durchzusetzen und die Belagerungen und Angriffe zu unterbinden. In der Nacht vom 22. zum 23. September begann die zwangsweise Räumung beider Häuser. Nahezu alle Vertragsarbeiter/innen aus Mosambique wurden nach Frankfurt am Main gebracht und abgeschoben, die Asylbewerber/innen in andere Heimen in die Umgebung von Dresden geschafft. 40 von ihnen konnten nach Berlin fliehen. Diesem rassistischen Pogrom folgten zahlreiche weiterer Übergriffe in ost- und in westdeutschen Städten. Ich sprach mit Mathias und Marius* von der Initiative pogrom 91 über den Umgang mit den Ereignissen und die Erinnerung an die Opfer in Hoyerswerda. (* Namen geändert) Weiterlesen
„Es war Teil von dem ganz normalen Wahnsinn in Guben“
Wahrscheinlich habe ich Dirk* das erste Mal im Gubener Sanikasten getroffen, dem kleinen Klubraum, in dem er zusammen mit Freundinnen und Freunden selbstorganisiert versucht hat, eine alternative Jugendarbeit zu entwickeln. 2006 zog er aus der Stadt weg. Heute ist er angehender Wirtschaftswissenschaftler. Wir trafen uns im Frühjahr 2013 zu einem Gespräch über eine Jugend in Guben und die Erinnerung an den Tod Farid Guendouls. Weiterlesen
Die Erinnerung an Silvio Meier in Berlin-Friedrichshain
Steigt man in Berlin am U-Bahnhof Samariterstraße aus der U5, trifft man am westlichen Ausgang auf eine Tafel mit der Aufschrift „Kein Vergeben! Kein Vergessen! Hier wurde Silvio Meier am 21. November 1992 von Faschisten ermordet“. Die Treppen hoch steht man auf der Frankfurter Allee, im durchsanierten Teil Friedrichshains – Anfang der 1990er ein Zentrum der Berliner Hausbesetzerbewegung. Ein paar Meter weiter zweigt die Mainzer Straße ab, im November 1990 Schauplatz eines mehrtägigen massiven Polizeieinsatzes, mit dem die dortigen Häuser gegen den Widerstand der Besetzer geräumt wurden. Heute ist davon nichts mehr zu erkennen. Auf der andere Seite der Frankfurter Allee ging es bis gestern in die Gabelsbergerstraße. Seit gestern ist sie nach Silvio Meier benannt. In einem offiziellen Akt erhielt die Straße ihren neuen Namen und die Schilder der Silvio-Meier-Straße wurden enthüllt. Er ist Teil und Ergebnis eines erinnerungspolitischen Aktivismus, der sei über 20 Jahren anhält. Weiterlesen
„In Guben war es wie in einem schwarzen Loch“
Im Mai 2000 gehörte Andrea zu einer Gruppe von Jugendlichen, die sich auf einer Skaterbahn in der Obersprucke trafen. Sie erzählte uns damals in einem Interview für das Buch: Nur ein Toter mehr… von der Stimmung nach dem 13. Februar in Guben und ihrem Alltag, der wesentlich von Angriffen durch Neonazis bestimmt war. 2001 ist sie zum ersten Mal aus der Stadt weggezogen. Wir trafen uns im Januar 2013 erneut und sprachen mit ihr über ihre Erinnerungen und die Frage, was sich in Guben verändert hat. Weiterlesen
Ähnlich, aber anders – Interview zum Gedenken an Mehmet Turgut in Rostock
Warum, womit und wie erinnert man an rassistische Gewalttaten und an ihre Opfer? Diese Fragen stehen nicht nur in Guben an. In der letzten Zeit erlebten wir einige Jahrestage: Über zwanzig Jahre sind die Pogrome von Hoyerswerda und Rostock oder der Brandanschlag von Mölln her und auf verschiedene Weise wird mit ihnen umgegangen. Zugleich steigt das zeitgeschichtliche Interesse an diesen Ereignissen. Aktuell wird Gedenken im Zusammenhang mit den Mordanschlägen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) diskutiert: Am 25. Februar 2004 wurde Mehmet Turgut in Rostock-Toitenwinkel durch drei Schüsse der NSU-Attentäter getötet, als er in einem Imbiss arbeitete. Nach dem Ende der Terrorzelle erklärte im April 2012 die Stadt Rostock zusammen mit den sechs anderen Tatort-Städten ihre Verantwortung für ein Gedenken an die Opfer. Auch Initiativen forderten eine Gedenkstele in Toitenwinkel und die Umbenennung des Neudierkower Weges, an dem der Mord geschah, in Mehmet-Turgut-Weg. Die Ortsbeiräte in Dierkow und Toitenwinkel blockierten dieses Vorhaben.
Ein Bericht im ZDF-heute-nacht-Magazin erinnerte uns frappierend an Debatten um einen Gedenkstein in Guben vor 14 Jahren. Wir sprachen deshalb mit Christoph Schützler vom Verein Soziale Bildung in Rostock. SoBi führt in Mecklenburg-Vorpommern landesweit Projekte in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung durch. Der Verein gehört auch zum Bündnis Erinnern! Verantworten! Aufklären!, das am 25. Februar 2013 in Toitenwinkel eine Gedenkkundgebung veranstaltete. Weiterlesen
„Über Guben weiß ich, dass, wenn ich hier weg bin, ich nicht mehr zurück komme.“
Samy ist einer der wenigen Jugendlichen, die heute in Guben leben und sich als links, alternativ und unangepasst verstehen. RE:GUBEN traf ihn im November 2012 und sprach mit ihm über das Leben in einer Stadt, in der kaum jemand ein Problem mit Rechtsextremismus sieht.
RE:GUBEN: Wie hast Du zum ersten Mal vom Tod von Farid Guendoul gehört.
Samy: Ich war 1999 ja erst 5 Jahre alt; also habe ich das erst einige Jahre später wirklich wahrgenommen. Ich glaube, meine Schwester hat mir davon erzählt. Und ansonsten findet man ja zum Beispiel Videos auf youtube. In der Schule ist das kein Thema. Es gab in den letzten Jahren auch keine Gedenkveranstaltungen mehr, jedenfalls habe ich nichts mitbekommen. Ich habe schon überlegt, selbst eine zu organisieren, aber hier sind zu wenige Menschen, die daran teilnehmen würden. Und wenn man dann da zu fünft steht, ist das ja auch deprimierend. Weiterlesen