Am 13. November 2000 wurde im Prozess um die sogenannte Hetzjagd von Guben das Urteil vor dem Landgericht Cottbus verkündet. Am Abend zeigte das ORB-Fernsehen die 45-minütige Dokumentation „Das kurze Leben des Omar ben Noui“. Der Film des Journalisten und Dokumentarfilmers Kristian Kähler behandelt Aspekte, die in dem Gerichtsverfahren keine Rolle spielten: Er versucht eine Annäherung an den Menschen Farid Guendoul/Omar ben Noui und thematisiert die Folgen der Tatnacht für dessen zwei Begleiter, für die Familie und Freunde des Toten. Wir danken dem rbb und Kristian Kähler für die Genehmigung, den Film hier zeigen zu können.
Kategorie-Archiv: 13.2.1999
Wie es geschah – Die Nacht zum 13. Februar 1999
Vor der Frage Warum konnte es geschehen? steht die Frage Wie ist es geschehen? Mit dieser Idee hat die Soziologin Michaela Christ in einer Studie die Ereignisse und Dynamiken der Nacht vom 12. zum 13. Februar 1999 in Guben untersucht. Sie hat RE:GUBEN eine umfangreiche Darstellung zur Verfügung gestellt, die wir hier als PDF anbieten. Die Autorin rekonstruiert darin im Detail die Nacht, an deren Ende Farid Guendoul tot war.
„In Guben war es wie in einem schwarzen Loch“
Im Mai 2000 gehörte Andrea zu einer Gruppe von Jugendlichen, die sich auf einer Skaterbahn in der Obersprucke trafen. Sie erzählte uns damals in einem Interview für das Buch: Nur ein Toter mehr… von der Stimmung nach dem 13. Februar in Guben und ihrem Alltag, der wesentlich von Angriffen durch Neonazis bestimmt war. 2001 ist sie zum ersten Mal aus der Stadt weggezogen. Wir trafen uns im Januar 2013 erneut und sprachen mit ihr über ihre Erinnerungen und die Frage, was sich in Guben verändert hat. Weiterlesen
Nach der verlorenen Zeit
Der folgende Beitrag von Alexandra Klei und Daniel Krüger erschien zuerst in der Jungle World vom 14. Februar 2013.
Die Prozessbeobachtungsgruppe Guben begleitete von 1999 bis 2002 das Gerichtsverfahren wegen des rassistischen Angriffs, der in der Politik und den Medien als „Hetzjagd von Guben“ bekannt wurde. Zwei damalige Mitarbeiter des Projekts haben die Kleinstadt an der Neiße besucht. Ein Spaziergang durch Guben. Weiterlesen
Eine sehr deutsche Geschichte
Der folgende Beitrag von Friedrich C. Burschel und Michael Bergmann erschien zuerst in der Jungle World vom 14. Februar 2013.
Farid Guendoul starb 1999 in Guben, als er versuchte, vor Neonazis zu flüchten. 14 Jahre nach der „tödlichen Hetzjagd“ will sich dort kaum jemand an das Opfer rassistischer Gewalt erinnern. Weiterlesen
Die Nacht des 12./13. Februar 1999 in Guben
Beim folgenden Text handelt es sich um eine Zusammenfassung der Tatnacht auf der Grundlage einer Studie von Michaela Christ, deren ausführliche Darstellung als PDF verfügbar ist.
Am Abend des 12. Februar 1999, einem Freitag, besuchen die Asylbewerber Issaka K. (aus Sierra Leone) und Khaled B. mit ihrem Freund Farid Guendoul (beide aus Algerien) [1] die Diskothek ‚Dance-Club’ im Gubener Stadtteil Obersprucke. Am gleichen Abend treffen sich auch einige junge Männer in der Wohnung von Ronny P. in einem Hochhaus, welches sich unweit der Diskothek befindet. Sie trinken Bier, hören Musik, unter anderem der Gruppe „Landser”, einer Band, die bei rechtsgerichteten Männern überaus beliebt ist und schauen Videos. Der Film „Romper Stomper“ läuft; er erzählt die Geschichte einer Neonaziclique in Melbourne, die Migrant_innen jagt – und manchmal auch totschlägt. Im Laufe des Abends verlassen einige, darunter Alexander Bode, die Wohnung, um noch in eine Disko außerhalb Gubens zu fahren. Gegen 1 Uhr in der Nacht machen sich die anderen auf, um in die an der Bundesstraße gelegene Diskothek ‚Dance-Club’ zu gehen. Weiterlesen
Guben im 15. Jahr nach dem Tod Farid Guendouls
RE:GUBEN. Oder was bisher geschah
In den Morgenstunden des 13. Februars 1999 starb in Guben der 28-jährige algerische Flüchtling Farid Guendoul in einem Hauseingang, nachdem er und seine beiden Freunde – Issaka K. aus Sierra Leone und Khaled B., ebenfalls aus Algerien – von einer Meute rechter Jugendlicher gejagt worden waren. Im Vergleich zu den meisten anderen rassistisch oder rechtsmotivierten Gewalttaten war der Tod von Farid Guendoul über Monate ein Thema in der medialen Öffentlichkeit – mit großer Empathie für das/die Opfer. Kein Verständnis indes fanden die Reaktionen der Stadt und der Region; die handelnden Akteur/innen (Angeklagte, Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Richter) in dem 17-monatigen Verfahren vor dem Landgericht Cottbus und das erstinstanzliche Urteil; die andauernden Übergriffe auf Nichtrechte, Ausländer/innen und den kurz nach der Tat bereits gesetzten Gedenkstein im Stadtteil Obersprucke: Das Geschehen blieb bis Ende 2000 medial ungewöhnlich präsent. Derweil schienen es die Einwohner/innen und die politisch Verantwortlichen der Stadt und der nahen Umgebung darauf angelegt zu haben, die allgemeinen Vorurteile über die ostdeutsche Provinz zu bestätigen: eine grundsätzliche Abwehr dem Thema gegenüber, die Weigerung, sich mit den rechtsextremen und rassistischen Potenzialen in der eigenen Bevölkerung zu befassen, eine Verkehrung der Täter-Opfer-Verhältnisse in der Tatnacht, Schuldzuweisungen an die Opfer, die Presse, die Antifa und „Auswärtige“ allgemein, kurzum, eine „Wagenburgmentalität“ machte sich breit, in der alles, was von „außen“ kam, als Angriff auf das eigene Gemeinwesen wahrgenommen und abgewehrt wurde. Weiterlesen