Vor der Frage Warum konnte es geschehen? steht die Frage Wie ist es geschehen? Mit dieser Idee hat die Soziologin Michaela Christ in einer Studie die Ereignisse und Dynamiken der Nacht vom 12. zum 13. Februar 1999 in Guben untersucht. Sie hat RE:GUBEN eine umfangreiche Darstellung zur Verfügung gestellt, die wir hier als PDF anbieten. Die Autorin rekonstruiert darin im Detail die Nacht, an deren Ende Farid Guendoul tot war.
Dessau, Dresden, Sulzbach – zwischen Erinnerung und Ignoranz
Mindestens 182 Menschen wurden seit 1990 in Deutschland von Neonazis getötet. Der Umgang damit ist in den Städten, die es betrifft, sehr unterschiedlich. Er schwankt zwischen der Suche nach den geeigneten Formen der Erinnerung und Ignoranz. Dessau, Dresden und Sulzbach sind drei Orte, die genauso wie Guben von tödlicher rassistischer Gewalt betroffen sind.
Nicht an allen Orten, an denen Neonazis in Deutschland in den letzten 23 Jahren Menschen ermordeten, gibt es Initiativen oder Einzelpersonen die sich mit dem Ereignis auseinandersetzen. Das öffentliche Sprechen über Rassismus und Neonazismus ist in der Bundesrepublik immer nur dann erwünscht, wenn es nicht weh tut. Kommen die deutschen Zustände zu dicht an die eigene Haustür, dann ist die Reaktion oft abwehrend, herunterspielend oder leugnend. Spätestens nach dem Urteilsspruch gegen die Täter_innen ist man bemüht, wieder „Ruhe“ in den Ort zu bringen und davon zu reden, dass sich seit der Tat vieles verändert habe und die damalige Situation mit heute nicht vergleichbar sei. Weiterlesen
„In Guben war es wie in einem schwarzen Loch“
Im Mai 2000 gehörte Andrea zu einer Gruppe von Jugendlichen, die sich auf einer Skaterbahn in der Obersprucke trafen. Sie erzählte uns damals in einem Interview für das Buch: Nur ein Toter mehr… von der Stimmung nach dem 13. Februar in Guben und ihrem Alltag, der wesentlich von Angriffen durch Neonazis bestimmt war. 2001 ist sie zum ersten Mal aus der Stadt weggezogen. Wir trafen uns im Januar 2013 erneut und sprachen mit ihr über ihre Erinnerungen und die Frage, was sich in Guben verändert hat. Weiterlesen
Ähnlich, aber anders – Interview zum Gedenken an Mehmet Turgut in Rostock
Warum, womit und wie erinnert man an rassistische Gewalttaten und an ihre Opfer? Diese Fragen stehen nicht nur in Guben an. In der letzten Zeit erlebten wir einige Jahrestage: Über zwanzig Jahre sind die Pogrome von Hoyerswerda und Rostock oder der Brandanschlag von Mölln her und auf verschiedene Weise wird mit ihnen umgegangen. Zugleich steigt das zeitgeschichtliche Interesse an diesen Ereignissen. Aktuell wird Gedenken im Zusammenhang mit den Mordanschlägen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) diskutiert: Am 25. Februar 2004 wurde Mehmet Turgut in Rostock-Toitenwinkel durch drei Schüsse der NSU-Attentäter getötet, als er in einem Imbiss arbeitete. Nach dem Ende der Terrorzelle erklärte im April 2012 die Stadt Rostock zusammen mit den sechs anderen Tatort-Städten ihre Verantwortung für ein Gedenken an die Opfer. Auch Initiativen forderten eine Gedenkstele in Toitenwinkel und die Umbenennung des Neudierkower Weges, an dem der Mord geschah, in Mehmet-Turgut-Weg. Die Ortsbeiräte in Dierkow und Toitenwinkel blockierten dieses Vorhaben.
Ein Bericht im ZDF-heute-nacht-Magazin erinnerte uns frappierend an Debatten um einen Gedenkstein in Guben vor 14 Jahren. Wir sprachen deshalb mit Christoph Schützler vom Verein Soziale Bildung in Rostock. SoBi führt in Mecklenburg-Vorpommern landesweit Projekte in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung durch. Der Verein gehört auch zum Bündnis Erinnern! Verantworten! Aufklären!, das am 25. Februar 2013 in Toitenwinkel eine Gedenkkundgebung veranstaltete. Weiterlesen
Aus dem Archiv: Guben war im Fernsehen
Jede Stadt hat ihre „Söhne und Töchter“, die dort geboren und im Laufe der Zeit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurden. Wer fällt einem da in Guben ein? Wilhelm Pieck natürlich – über dessen historische Rolle wird gerade diskutiert. Es gab noch ein paar mehr. Aber aktuell? Über einen wurde in den vergangenen Jahren immer wieder berichtet.
2008 stellte die NPD Lausitz ihren stellvertretenden Vorsitzenden Alexander Bode als Kandidaten für die Kreistagswahl in Spree-Neiße auf – und hatte schnell ein Problem mit der öffentlichen Berichterstattung. Der verurteilte Gewalttäter, der vorsätzlich den Tod eines Menschen mitverursacht hatte, als Vertreter einer rechtsextremen Partei, die sich als ‚wählbar’ präsentieren will? Weiterlesen
Nicht immer nur Guben: Gerichtsverfahren gegen Neonazi aus Spremberg
Was uns an Guben interessiert, sind selbstverständlich die besonderen Geschichten der Stadt. Uns ist aber auch klar, dass sie eine von vielen ist. Um das herauszufinden, müssen wir gar nicht so weit weggehen.
Spremberg liegt im Süden des Spree-Neiße-Kreises, fast 50 Kilometer von Guben entfernt, dennoch schaffte es 1999 der Bürgermeister der Stadt, Egon Wochatz (CDU), die Distanz mit ein paar Worten zu überwinden. Der verdiente Empfänger des „Denkzettels des Flüchtlingsrats Brandenburg 2000“ kommentierte in einem Interview mit der Berliner Morgenpost (7.9.1999) die Gubener Hetzjagd mit der Frage, was denn die Asylbewerber nachts auf der Straße zu suchen hatten. In den folgenden Jahren wurde Wochatz insbesondere durch seine Kontakte zu einer Ehemaligen-Kameradschaft der Waffen-SS-Division „Frundsberg“ überregional bekannt. Weiterlesen
NPD steht in Cottbus sinn- und merkbefreit in der Gegend rum
Am Aufmarsch der NPD Lausitz am 15. Februar in Cottbus nahm auch der Gubener Ortsverband teil. Unter anderem fungierte der stellvertretende Kreisverbands-Chef Alexander Bode als Organisator im Hintergrund. Die Gubener NPD-Kreistagsabgeordneten traten ebenfalls in Erscheinung: Karsten Schulz als Demo-Ordner, Markus Noack wie üblich als Transparenthalter. Die NPD brachte etwa 130 Leute auf die Beine, die aber kaum in Bewegung kamen. Ganze 600 Meter schaffte der Aufzug und kehrte dann zum Ausgangspunkt zurück. Die Polizei musste die Veranstaltung aufgrund massiver Proteste abkürzen. Für die Strecke rund um die ehemalige Alvensleben-Kaserne und durch nur teilweise besiedeltes Stadtgebiet brauchten die Neonazis vier Stunden. Weiterlesen
13. Februar 2013: Gedenken in Guben
Es gibt Gubenerinnen und Gubener, die an den Tod Farid Guendouls erinnern. Es sind wenige, aber sie treffen sich an jedem 13. Februar am Gedenkstein und legen Blumen nieder – so auch in diesem Jahr.
Nach der verlorenen Zeit
Der folgende Beitrag von Alexandra Klei und Daniel Krüger erschien zuerst in der Jungle World vom 14. Februar 2013.
Die Prozessbeobachtungsgruppe Guben begleitete von 1999 bis 2002 das Gerichtsverfahren wegen des rassistischen Angriffs, der in der Politik und den Medien als „Hetzjagd von Guben“ bekannt wurde. Zwei damalige Mitarbeiter des Projekts haben die Kleinstadt an der Neiße besucht. Ein Spaziergang durch Guben. Weiterlesen
Eine sehr deutsche Geschichte
Der folgende Beitrag von Friedrich C. Burschel und Michael Bergmann erschien zuerst in der Jungle World vom 14. Februar 2013.
Farid Guendoul starb 1999 in Guben, als er versuchte, vor Neonazis zu flüchten. 14 Jahre nach der „tödlichen Hetzjagd“ will sich dort kaum jemand an das Opfer rassistischer Gewalt erinnern. Weiterlesen