Christian
Nordhausen

Rechtsanwalt
Strafverteidiger

Christian Nordhausen

Rechtsanwalt, Strafverteidiger

Christian Nordhausen ist Rechtsanwalt und vertrat als Strafverteidiger einen der elf Beschuldigten.

Wissen Sie noch, wie Sie vom Tod Farid Guendouls erfahren haben?

Nein, gar nicht mehr. Die Zeitung lese ich hier nicht, also vermutlich aus dem Radio.

Wann und wie haben Sie mit dem Verfahren zu tun bekommen?

Ich gehe davon aus, dass es ein paar Tage später war. Das weiß ich jetzt nicht mehr sicher. Wenn die Tat am 13. Februar war, dann wird es kurz danach gewesen sein. Mit Sicherheit nicht kurz vor dem Verfahren, ganz sicher deutlich vor der Anklage.

Wie haben Sie das Verfahren selbst in Erinnerung? Vielleicht unabhängig davon, dass es so lang war.

Verglichen mit anderen war das gar nicht so lang. Ich hatte jetzt einige, die liefen mit Sicherheit genauso lang oder noch länger. Woran ich mich noch deutlich erinnern kann, aber das ist nur ein Nebenkriegsschauplatz, ist, dass einer meiner Kollegen Probleme mit der Sitzordnung hatte und dann da Tische und Stühle angebaut werden mussten, damit die hintere Reihe höher sitzt. Und ansonsten war es relativ chaotisch. Etwas, das in der Zwischenzeit nicht mehr gemacht wird, war, dass bei jedem Befangenheitsantrag unterbrochen wurde und dann teilweise eine Woche gar nichts passierte. Das ist etwas, was die Strafprozessordnung so auch nicht unbedingt hergibt. Aber aus Sicht der Verteidigung lief es gut. Ansonsten habe ich keine Erinnerungen mehr. Ich weiß gar nicht, wie viele Tage wir da gesessen haben. 50?

Über 80. Erinnern Sie sich noch an das Urteil?

Also ich meine, dass fahrlässige Tötung angeklagt war und mein Mandant für diese zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Und ich glaube, der BGH hat dann im Revisionsverfahren gesagt, man hätte eine Körperverletzung mit Todesfolge verurteilen können. Was im Urteil zu meinem Mandanten stand, weiß ich jetzt nicht mehr.

Das Verfahren ist medial sehr viel beachtet worden. Was bedeutet Öffentlichkeit für so einen Prozess?

Ich gehe davon aus, dass das Gericht sich nicht davon leiten lässt, ob da einer von der Presse sitzt oder ob es 20 sind, ob an einem Tag drüber berichtet wird oder an 30 oder an 100. Damals war das Verfahren das erste größere, das ich hatte. Aber jetzt im Nachhinein, in den letzten 13 Jahren hatte ich mit Sicherheit sechs oder sieben, die länger waren oder doch mindestens genauso lang. Wenn man guckt, wie viele Angeklagte da waren, wie viele Anwälte, dann war es nämlich auch wieder nicht ungewöhnlich. Es hat ja zum Beispiel jeder ein Fragerecht. Und das heißt: Je mehr Anwälte da sitzen, desto mehr Fragen gibt es, desto mehr Ideen für Anträge. Und dann stellt der eine Frage und dann kommt eine Folgefrage. Das liegt in der Natur der Sache. Ich denke, wenn da nur ein Angeklagter oder zwei, drei gewesen wären, hätte das Verfahren keine 80 Tage gedauert. Aber es waren elf Angeklagte und jeder hatte zwei Anwälte.

Aber es gab ja zum Beispiel auch sehr viel Kritik an der Verteidigung.

Aber die stört einen nicht. Also mich zumindest nicht. Es ist ja immer die Frage, was man macht, wenn man Strafverteidiger ist. Ich halte es dann für Unsinn zu sagen, dass man nur Drogendelikte macht, oder nur Körperverletzung oder Mord oder Totschlag. Ich habe nach dem Guben-Verfahren vier oder fünf Mörder vertreten. Es gibt vielleicht Kollegen, die das anders machen. Aber das ist nicht Sinn eines Strafverteidigers. Man kann nicht sagen, man macht nur dieses oder jenes im Strafrechtsbereich. Ich wüsste auch nicht, wo man da Grenzen ziehen soll. Insofern ist die Kritik zwar da und sie mag berechtigt sein oder nicht. Letzten Endes beeinflusst sie aber den Verteidiger nicht. Wieso auch? Ich meine, kritisieren kann man alles. Wenn ich einen vertrete, der seiner Frau den Kopf abschneidet, da kann man auch sagen: 'Das ist nicht schön.' Und wenn einer zum 20. Mal etwas klaut, dann ist das auch nicht schön. Das ist also alles kritikwürdig. Das darf einen aber nicht beeinflussen.

Haben Sie noch bei anderen rechten oder rassistischen Gewalttaten verteidigt?

Mit Sicherheit war in den letzten 12, 13 Jahren jemand dabei, der dem Spektrum zugeordnet werden könnte. Dass es allerdings etwas in dem Rahmen von Ausländerfeindlichkeit oder rassistischer Motivation gab, daran kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern.

Wie würden Sie denn die Bedeutung von Gerichtsverfahren für eine gesellschaftliche Diskussion zum Beispiel über Rassismus einordnen?

Also ich weiß gar nicht, ob Gerichtsverfahren irgendwie geeignet sind, in irgendwelchen Diskussionen auf irgendeine Art und Weise zu wirken. Da sind Straftaten, die das Gericht versucht aufzuklären, und darüber hinaus hat es sich damit nicht zu beschäftigen.

Aber es finden ja Diskussionen statt, zum Beispiel jetzt auch bei dem NSU-Verfahren.

Es geht darum, wem man etwas vorwerfen kann und wem man etwas beweisen kann. Da geht es nicht darum, was Hintergründe sind. Das mag sekundär eine Rolle spielen. Aber grundsätzlich interessiert ja erst einmal die Frage, ob man irgendjemandem etwas nachweisen kann. Bei dem Guben-Verfahren war es ja auch eher von sekundärem Interesse, warum irgendwelche elf Leute etwas gemacht haben. Es ging vielmehr darum, ob und was man ihnen nachweisen kann. Dass das dann gesellschaftspolitisch wichtig ist oder dass es Diskussionsbedarf liefert, das kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen.

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