RE:GUBEN » Present http://www.re-guben.de fragt nach den Folgen des Todes Farid Guendouls, der am 13. Februar 1999 auf der Flucht vor einer Gruppe Neonazis in Guben starb. Was geschah in jener Nacht? Wie wurde mit der Tat umgegangen? Wie kann Gedenken gestaltet werden? Wie reagieren Politik und Gesellschaft? Fri, 02 May 2014 16:27:31 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.8 Warum jetzt? http://www.re-guben.de/?p=723 http://www.re-guben.de/?p=723#comments Thu, 12 Dec 2013 22:11:39 +0000 http://www.re-guben.de/?p=723 Den 15. Todestag von Farid Guendoul verstreichen zu lassen, ohne ein Statement abzugeben, hätte bedeutet, dass niemand in der Öffentlichkeit an ihn erinnert. Seine Familie in Algerien wird im kommenden Februar wahrscheinlich an ihn denken. Eine Handvoll Gubener_innen würde wie jedes Jahr am Gedenkstein ein paar Blumen niederlegen. Seine damalige Freundin, die seine Tochter geboren hat, wird ihn nicht vergessen haben. Die Lokalausgabe der Lausitzer Rundschau würde zwei oder drei Zeilen, vielleicht ein Bild abdrucken. Darüber hinaus gäbe es Schweigen. Ein Schweigen, dass der Mehrheitsgesellschaft in Guben gefallen würde, die nicht nur fragt, was sie mit einem Ereignis zu tun hat, dass fünfzehn Jahre zurück liegt, sondern auch, warum immer nur an das Negative erinnert wird. Guben habe schließlich inzwischen eine schöne Innenstadt, moderne Umgehungsstraßen und kann auf Verbesserungen auf dem lokalen Arbeitsmarkt verweisen.

Als wir uns dieses Szenario im Frühjahr des vergangenen Jahres auf einem Balkon in Berlin vor Augen führten, war uns klar, dass wir mit einem solchen Verlauf unzufrieden sein werden. Es sind nicht nur die Täter und ein Dutzend Nazis in Guben, die das Problem darstellen. Wenn in der sächsischen Kleinstadt Schneeberg an Wochenenden im November 2013 mehr als 1.000 Neonazis und rassistische Bürger_innen gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende demonstrierten, dann überrascht mich das nicht. Es ist Rassismus, der in Kleinstädten wie Schneeberg so viele Menschen auf die Straßen treibt, wie zuletzt 1989 zur sogenannten friedlichen Revolution. Und ihr Ruf „Wir sind das Volk!“ ist nur konsequent. Das, was mich daran aber wirklich empört, sind 12.000 Schneeberger_innen, die an einem solchen Tag einfach zu Hause bleiben, die wegschauen und einen solchen Aufmarsch ignorieren und sich nicht gegen die Rassist_innen vor ihrer Haustür positionieren. Solange es die Gubener_innen nicht hinbekommen, einen Umgang mit dem tödlichen Rassismus und dem Gedenken an den getöteten Farid Guendoul in ihrer Stadt zu finden, ist jederzeit der richtige Zeitpunkt darauf zu reagieren und ihnen einen Spiegel vor die Nase zu halten. Guben ist nicht anders als Schneeberg, Hoyerswerda oder Mügeln. Wenn niemand von außen kommt, der die Realität sichtbar macht, dann wird sich auch niemand für sie interessieren.

 

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Warum jetzt? http://www.re-guben.de/?p=721 http://www.re-guben.de/?p=721#comments Thu, 12 Dec 2013 22:11:18 +0000 http://www.re-guben.de/?p=721 Die traurige Bilanz der vergangenen 23 Jahre: 27 Todesopfer in Folge rechter Gewalt allein in Brandenburg. Farid Guendoul war einer von ihnen. Sein Todestag jährt sich am 13. Februar 2014 zum fünfzehnten Mal. Viel Zeit ist also seit der sogenannten Hetzjagd von Guben vergangen. Viel Zeit, die zu Veränderungen hätte führen können. Im Kontext des Umgangs mit Opfern rechter Gewalt gilt: viel Zeit, in der sich hätte mehr verändern müssen. Aber damals wie heute lautet der Wunsch der Gubener Bevölkerung, „Gras über die Sache wachsen zu lassen“. Und damals wie heute ist dieser Wunsch moralisch hochgradig verwerflich.

Optisch hat sich in Guben in den vergangenen 15 Jahren einiges getan. Ja, es ist fast hübsch geworden, nur leben will dort kaum noch wer. Die kleine Stadt an der Neiße hat mittlerweile nur noch knapp 18.000 Einwohner. Gerade die Jüngeren nutzen Chancen, die Stadt zu verlassen. Daher ist der Anteil, der unter 25 Jährigen, hier nur noch gering. Nun sind es gerade die jungen Menschen, die gesellschaftliche Prozesse in Frage stellen und die durch Kreativität sowie dem Willen sich auszuprobieren, einer Stadt das „gewisse Etwas“ verleihen. Guben hat dies nicht.

Zähneknirschend schaue ich heute auf diese Stadt. Einer Stadt, in der das Erleiden von Rassismus für mich Alltag bedeutete. Ein alltäglicher Rassismus, der in der Gubener Bevölkerung nicht der Rede wert zu sein scheint, auch nicht, nachdem er ein Menschenleben forderte. Schön sanierte Plattenbauten und ein neuer Stadtkern trüben diese Erinnerungen nicht – denn ich erinnere mich.

Die Frage nach dem „warum jetzt“ stellt sich für mich nicht. Ganz im Gegenteil: Das Erinnern an Farid Guendoul, die Auseinandersetzung mit den Themen Rechtsextremismus und Rassismus ist für mich selbstverständlich und sollte es auch für die Gubener Bevölkerung sein. Doch die ältere Generation ist das Thema in ihrer Stadt leid und die jüngere Generation der Gubener, welche keine eigene Erinnerung an die Tatnacht haben, sondern nur wiedergeben kann, was an Erinnerungen an sie herangetragen wurde, hinterlässt den Eindruck, als würde es ein anderes Guben geben, „wo mal son Ausländer durch ne Scheibe gesprungen ist“. Von Erinnerungskultur scheint in Guben keine Spur zu sein.

 

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Warum jetzt? http://www.re-guben.de/?p=718 http://www.re-guben.de/?p=718#comments Thu, 12 Dec 2013 22:10:58 +0000 http://www.re-guben.de/?p=718 Am 13. Februar 2014 werden 15 Jahre seit dem gewaltsamen Tod Farid Guendouls vergangen sein. 15 Jahre, in denen man hätte vergessen können, was in jener Nacht geschah. Oder sogar 15 Jahre, in dessen Zuge man vergessen sollte, was in jener Nacht geschah. Dass diese Paraphrase so oder so ähnlich durchaus die Meinung eines gewissen Teils der Gubener Bevölkerung wiederspiegelt, verwundert leider nicht. Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen eine solche Schlussfolgerung nahe liegen. Ob zum zehnten oder fünften Todestag Farid Guendouls, der Ruf, „die Sache“ endlich ruhen zu lassen und als „tragisches Unglück“ abzuhaken war stets zu vernehmen. Selbst einige Tage bzw. Wochen nach der Tat erschien nicht wenigen die Berichterstattung als „übertrieben“ oder gar „unnötig“. Schließlich war es ja nur eine Nacht, eine Tat, ein Toter, der ja nicht stellvertretend für die Stadt Guben und deren Bevölkerung stehen darf und kann.

Warum jetzt? – Damit auch knapp 15 Jahre später diesen Meinungen etwas entgegengesetzt wird; damit auch 15 Jahre später rassistische Morde nicht in Vergessenheit geraten und die Notwendigkeit eines aktiven Gedenkens aufgezeigt wird. Und das auch über die Stadtgrenzen Gubens hinaus. Denn geändert hat sich seit dem Tod Farid Guendouls nichts. Mindestens 80 Menschen in der Bundesrepublik wurden nach Angaben von CURA seitdem von (Neo-)Nazis ermordet, allein zehn davon im Land Brandenburg. Das Erinnern und Mahnen vor menschenverachtender Ideologie und ihren tödlichen Folgen ist stets notwendig – auch 15 Jahre später!

 

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Warum jetzt? http://www.re-guben.de/?p=716 http://www.re-guben.de/?p=716#comments Thu, 12 Dec 2013 22:10:32 +0000 http://www.re-guben.de/?p=716 Braucht Erinnerung einen bestimmten Zeitpunkt? Es scheint so, bedenkt man die öffentlichen Rituale an Gedenktagen. Die Auswahl so eines Tages ist Teil des Erinnerungsprozesses. Zu jedem Jahrestag oder – mit mehr zeitlichem Abstand zum Geschehen – in längeren Zyklen von 5 oder 10 oder 25 Jahren steht die Entscheidung: wir erinnern. Zugleich ordnet sie das Vergessen – die Vergangenheit ist nicht an jedem Tag des Jahres präsent; sie bestimmt nicht das Alltagsleben. Ein Gedenktag macht deutlich, dass das, woran erinnert wird, zurück in der Zeit liegt und abgeschlossen ist.

Neben einer solchen bewussten Auswahl hat Erinnerung immer einen Zeitpunkt, bestimmt durch das Jetzt, die vergangene Zeit und die Veränderungen darin. Wer kann sich noch erinnern und wer will öffentlich erinnern? Wie hat sich die Erinnerung selbst entwickelt? Wie ist das gegenwärtige Verhältnis einer Gesellschaft, eines Gemeinwesens oder einer Gruppe von Menschen zu dem Geschehen in der Vergangenheit? Welche Bedeutung wird ihm heute beigemessen? Von diesen Bedingungen hängt auch die Entscheidung für oder gegen ein öffenliches Erinnern ab. (Die ritualisierten Gedenktage sind so gesehen keine Selbstverständlichkeit.)

RE:GUBEN hat sich meines Erachtens für ein Dazwischen entschieden. Der 13. Februar 2013 und der 13. Februar 2014 markieren Anfang und Ende des Projekts. Es ist bewusst der Todestag Farid Guendouls gewählt, aber über ein Ritual hinaus soll auch daran erinnert werden, was sich aus dem Vergangenen entwickelt hat und was heute fortwirkt.

Warum jetzt? Als Grund dafür, dass es genau dieses Jahr ist, mag vielleicht erscheinen, dass die 15. Wiederkehr des Todestages eine besondere Zeitmarke in Guben darstellt. Vielmehr ist allerdings absehbar, dass der 13. Februar 2014 für eine Mehrheit genau das nicht sein wird. Freunde und Familie des Toten sind aus Guben weggegangen; ebenso viele, die in Folge der „Hetzjagd“ 1999 versuchten, sich in der Stadt zu engagieren. Kommunale Politiker haben es zum überwiegenden Teil geschafft, sich knapp 15 Jahre einer öffentlichen Erinnerung zu verweigern. Der eine oder andere hat sie öffentlich torpediert. Für viele Leute, die heute in Guben leben, liegen die damaligen Ereignisse weit entfernt, zurückgelassen. Heutige Jugendliche konnten sie selbst gar nicht bewusst wahrnehmen. Tradiert wurden allenfalls die noch immer abrufbaren Meinungen.

 

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Video: Die Diskussion um die Erinnerung http://www.re-guben.de/?p=707 http://www.re-guben.de/?p=707#comments Thu, 12 Dec 2013 21:28:02 +0000 http://www.re-guben.de/?p=707 Der TV- und Videojournalist Ben Arnold war für die Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg in Guben unterwegs und hat Menschen auf der Straße nach ihren Eindrücken und Vorstellungen von der Stadt gefragt. Ein Thema waren auch die Ereignisse vom Februar 1999, die Erinnerung an Farid Guendoul und die Wahrnehmung von Rechtsextremismus. Daraus ein entstand ein kurzer Videoclip, der die verschiedenen Positionen in Guben wiedergibt und den wir hier zeigen können. Der Film entstand im Projekt “Mosaik – Märkische Orte für soziale, arbeitsmarktpolitische und interkulturelle Kompetenz” der Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg.

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#BTW13 in Guben: Zugewinne für NPD, aber nicht mehr Prozente http://www.re-guben.de/?p=687 http://www.re-guben.de/?p=687#comments Sun, 22 Sep 2013 20:53:54 +0000 http://www.re-guben.de/?p=687 Die Stadt Guben stellt die (vorläufigen) Endergebnisse für Erst- und Zweitstimmen zur Bundestagswahl, aufgeschlüsselt nach Wahllokalen zur Verfügung, und so haben wir nachgesehen, wie die NPD abgeschnitten hat. Eine ausführliche Analyse der vergangenen Wahlen haben wir bereits veröffentlicht. Einige Thesen daraus bestätigen sich.

Zur Bundestagswahl 2013 erzielte die NPD in Guben mit ihrem Kreisvorsitzenden Ronny Zasowk 4,7% der Erstimmen sowie 3,9% der Zweitstimmen – 2009 waren es 4,7% und 4,2%. Dabei gewann sie in absoluten Zahlen Stimmen hinzu. Für den Direktkandidaten votierten 451 Wähler (2009: 402), 379 Wähler gaben ihre Zweitstimme (2009: 357). Aufgrund einer insgesamt höheren Wahlbeteiligung wirken sich diese Zuwächse nicht in einer prozentualen Steigerung aus.

Ein Grund für den geringeren Anstieg bei den NPD-Zweitstimmen könnte im Abschneiden der Alternative für Deutschland (6,9%) liegen. Wahlanalysen zufolge hat die AfD Wähler aus allen Parteilagern angesprochen. Mit der NPD stand sie allerdings in direkter Konkurrenz in Bezug auf eine Anti-Euro-Politik.

Generell lässt sich festhalten, dass die NPD in Guben eine stabile Wählerschaft hat und sie in der Lage war, diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten auszubauen – nicht ein paar „fehlgeleitete Jugendliche“, sondern Wähler, die sich mit der Partei identifizieren können. Daneben erscheint es vielmehr so, dass die NPD es kaum geschafft hat, zusätzlich eine „Protestwähler“-Klientel für sich zu mobilisieren.

Wie in der Vergangenheit sind die NPD-Ergebnisse in den einzelnen Wahllokalen der Stadt unterschiedlich ausgefallen. Die Spitze bildete wie gehabt das Wahllokal im „Kulturzentrum Obersprucke“, wo die NPD 8,9% Erst- und 6,7% Zweitstimmen holte. Im Vergleich mit dem Landkreis Spree-Neiße ist das Gubener NPD-Ergebnis mittlerweile im Durchschnitt. In einigen Orten im Kreis konnte die NPD im Vergleich zu früheren Wahlen ihre Ergebnisse stärker ausbauen. Im Wahlkreis Cottbus/Spree-Neiße insgesamt sind die Gubener Zahlen über dem Durchschnitt.

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„Eine politisch motivierte Tat kann nicht ausgeschlossen werden“ – Über das Unbehagen mit der Mutmaßung http://www.re-guben.de/?p=683 http://www.re-guben.de/?p=683#comments Mon, 02 Sep 2013 16:08:57 +0000 http://www.re-guben.de/?p=683 „Die Sachverständige Prof. John hat außerdem angeregt, eine Neudefinition von fremdenfeindlichen Straftaten vorzunehmen. Diese Neudefinition solle Ermittlungen gegen Rechtsextremismus als Standardaufgabe bei Gewalt gegen Einwanderer etablieren. Die Polizei erkenne fremdenfeindliche Straftaten bisher nur, wenn entsprechende Symbole aufgetaucht seien, wie Hakenkreuze, Bekennerschreiben etc. Deshalb müsse das Prüfen auf einen rechtsextremistischen Bezug als Standardermittlung bei Gewalt gegen Einwanderer eingeführt werden.“ (Empfehlung des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 828)

Wenn ich im Folgenden über zwei nicht aufgeklärte Gewalttaten in Guben schreibe, die im April und im Juli 2013 verübt wurden, kann ich nichts Belastbares über ihre Hintergründe sagen. Ich kenne sie nicht und die Polizei kann dahingehend keine Ermittlungsergebnisse vorweisen. Gleichwohl stelle ich Spekulationen in den Raum. Sie sollen hier aber nicht das eigentliche Thema sein. Vielmehr geht es um die Möglichkeit extrem rechter Motive, den Umgang damit und das Unbehagen mit der fehlenden Antwort auf die Frage, was geschehen ist.

Ein abgebrannter Imbissstand

In einer ersten Polizeimeldung vom 22. April 2013 hieß es kurz: „Feuerwehr und Polizei wurden nach einem Anruf gegen 01:25 Uhr am Montag in die Damaschkestraße gerufen. Auf dem dortigen Parkplatz stand ein seit kurzem nicht mehr genutzter Imbissstand in Flammen. Personen oder andere Gebäude waren nicht in Gefahr. Zur Schadenshöhe gibt es keine Erkenntnisse. Die Kriminalpolizei ermittelt zur Brandursache.“ Am 24. April schrieb die Lausitzer Rundschau: „Die Ermittlungen der Kriminalpolizei zu der Brandstiftung am Imbissstand in der Damaschkestraße haben ergeben, dass unbekannte Täter vor dem Brand gewaltsam in den Imbiss eingedrungen waren. Die genaue Brandursache ist noch nicht bekannt. Es liegen keine Erkenntnisse vor, die auf eine politisch motivierte Tat hindeuten können, ausgeschlossen werden kann sie jedoch auch nicht, teilt die Polizei mit.“

Offenbar ging es bei dieser Tat um die Zerstörung des Imbiss-Häuschens auf dem Kaufland-Parkplatz. Gegenüber auf der anderen Seite der Damaschkestraße steht ein Wohnblock, in dem viele potenzielle Zeugen leben, die aber zur nächtlichen Tatzeit offenbar nichts bemerken konnten. Zum Motiv der Tat kann die Polizei nichts sagen. Der oder die Täter haben keine Hinweise hinterlassen und so kommen selbstverständlich verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Warum weist der Bericht dann explizit darauf hin, dass eine politisch motivierte Tat nicht ausgeschlossen werden könne? Ein Detail fehlt im Polizeibericht und in der Zeitungsmeldung – es handelte sich um einen Döner-Imbiss.

Abgebrannter Imbiss, April 2013

Abgebrannter Imbissstand, April 2013

Thomas Bürk und Beate Selders haben 2004 in einer Studie fremdenfeindliche und rechtsextreme Anschläge auf Imbissbuden im Land Brandenburg untersucht. Sie kamen unter anderem zu dem Ergebnis, dass es sich in Polizeimeldungen zu Imbissen im Fall von Vandalismus immer um Asia- oder Döner-Imbissbetriebe handelte (S. 57). Außerdem stellten sie in einer ihnen damals vorliegenden Dokumentation von Brandstiftungen an Asia- und Döner-Imbissen fest, dass in allen aufgeklärten Fällen die „Täter aus rechtsradikalen Szenen und deren Umfeld“ kamen (S. 77f.). Sagt die Statistik etwas über den Einzelfall? Nein. Aber sie zeigt ein Muster auf und nährt damit eine Vermutung. Im konkreten Fall tun die zeitliche Nähe der Tat zum 20. April und der Umstand, dass in dem Zeitraum die Gubener Nazi-Szene einmal mehr mit Propaganda-Aktionen aktiv war, ihr Übriges.

Im Juni hat der Gubener Stadtverordnete Peter Stephan (Die Linke) bei der Polizei nachgefragt. Die Polizeiinspektion Cottbus/Spree-Neiße teilte daraufhin mit, dass bislang keine Täter ermittelt werden konnten und es keine Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv gebe. Parallel bekam RE:GUBEN von der Staatsanwaltschaft Cottbus die Auskunft, dass ein rechtsmotivierter Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne. Der Stand im Sommer 2013 war also wie zuvor: Imbissstand abgebrannt, Täter und Motiv unbekannt, Raum für Spekulationen.

Überfall an der Neiße

Am 10. Juli 2013 meldete die Lausitzer Rundschau: „Geschlagen und in die Neiße gestoßen wurde bereits am vergangenen Samstag ein Mann. Das berichtete die Polizei am gestrigen Dienstag. Der Vorfall ereignete sich zwischen 19.50 und 20.05 Uhr auf der Holzbrücke an den Neißeterrassen. Den Angaben zufolge näherten sich drei männliche Personen dem Geschädigten, einer schlug ihn mehrmals mit Fäusten ins Gesicht und stieß ihn dann in den Grenzfluss. Beobachtet wurde die Körperverletzung von mehreren auf Bänken sitzenden Jugendlichen. Die drei deutsch-sprechenden Täter sind etwa 30 bis 35 Jahre alt und zwischen 170 und 180 Zentimeter groß.“ Auch hierzu hat RE:GUBEN nachgefragt und von der Staatsanwaltschaft im Juli die Antwort bekommen: Rechtsmotivierter Hintergrund nicht ausgeschlossen. Aber eben auch nicht bestätigt.

Warum kann man in diesem Fall mutmaßen? Folgt man dem Polizeibericht, ging es ausschließlich um Gewalt, es handelte es sich nicht um einen Raub oder ähnliches. Es war offenbar keine Beziehungstat, Täter und Opfer müssen sich dem Bericht nach unbekannt gewesen sein. Die Tat wurde demnach spontan, brutal und aus einer Gruppe heraus ausgeführt. Das Muster spricht für geübtes Gewalthandeln. Wer fällt einem da als Tätergruppe, männlich, Anfang 30, in Guben ein? Auffällig ist, dass der Bericht über das Opfer keine Informationen gibt. Das dient möglicherweise dessen Schutz, verhindert aber auch, dass man aus der Person des Opfers Rückschlüsse auf die Motivation der Täter, etwa spezifische Feindschaften, ziehen kann. Wiederum Raum für Spekulation. Ein Mann wird zusammengeschlagen und in die Neiße gestoßen. Warum?

Nicht-Wissen

Wo liegt nun das Problem? Die Polizei kann nur das mitteilen, was sie in ihren Ermittlungen herausfindet. Wenn die Täter keine verwertbaren Spuren hinterlassen haben und sich erst recht nicht zu der Tat bekannt haben, wenn es keine Zeugen gibt oder sie sich nicht melden, was sollte die Polizei anderes sagen als, dass das Motiv unbekannt ist und sie nichts ausschließen kann? Solange die beiden Fälle nicht aufgeklärt sind, bleibt objektiv ein Nicht-Wissen. Insofern wäre es ein Fehler, den Taten zum Beispiel einen fremdenfeindlichen Hintergrund zuzuschreiben. Vielleicht lässt er sich zu einem späteren Zeitpunkt ausschließen, vielleicht wird er bestätigt. Wenn dies nicht passiert, muss man mit Mutmaßungen leben, wie es gewesen sein könnte, weil man aus Erfahrung Muster erkennt.

Darüber hinaus ist allerdings, nicht nur in den beiden genannten Fällen, auch festzustellen, dass in den Polizeiberichten Informationen fehlen. Es wurde beispielsweise nicht von einem Döner-Imbiss gesprochen. Würde ein Hinweis darauf die öffentliche Meinung im Fall einer Brandstiftung zu bestimmten, nicht belegbaren Schlussfolgerungen führen? Vielleicht. Andererseits dürfte zumindest einigen Gubenern klar sein, um welchen Imbiss es sich handelte. Die Strategie des Nicht-Redens lässt sich auch in den Polizeiberichten zu Parolen finden, die in der Obersprucke im Mai und im August 2013 mit Kreide geschrieben wurden. Nur aus dem Kontext war ein extrem rechter Hintergrund zu schließen – es sind jeweils relevante Daten für die Nazi-Szene. Zeitgleich tauchte zum 8. Mai ein Graffiti gegenüber des Pieck-Monuments auf, das heute übrigens immer noch zu lesen ist. Im August wurden Rudolf-Hess-Plakate geklebt. Da diese Aktionen in den Polizeimeldungen außen vor blieben und kein politisches Motiv benannt wurde, muss man sich mit Interpretationen behelfen. Welche Art von Kreideschreibereien ist es wert, dass die Polizei Ermittlungsverfahren einleitet und darüber berichtet?

Es gehört zu Polizeiarbeit in einem Rechtsstaat, vorurteilsfrei und unvoreingenommen zu ermitteln. Das heißt auch, in alle Richtungen zu ermitteln. Dass dies nicht immer geschieht, hat zumindest der NSU-Untersuchungsausschuss mit der eingangs zitierten Anregung wahrgenommen. Daneben kommt der Polizei aber auch eine wichtige Rolle im öffentlichen Diskurs zu. Was und wie sie über Straftaten berichtet, prägt die öffentliche Wahrnehmung.

Was tun mit der Dunkelziffer?

Der Umgang mit der Dunkelziffer, mit Straftaten, die nicht er- oder bekannt werden, ist aber nicht nur eine Herausforderung für die Polizei. Auch die Öffentlichkeit hat ein Interesse am Wissen insbesondere über Taten, die das Zusammenleben in einem Gemeinwesen treffen, zumindest sollte sie es haben (nicht nur im Fall gestohlener Autos und Fahrräder). Sie ist damit nicht angehalten, Polizeiarbeit zu übernehmen, auch nicht aufgrund von Mutmaßungen Urteile zu fällen. Sie kann aber immer wieder nachfragen, wie oben genannt in der Stadtverordnetenversammlung. Lokale Medien sind dahingehend ebenso gefordert, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wesentlich ist das Interesse selbst, auch wenn den Antworten Grenzen gesetzt sind.

Wichtiger als Fragen an die Polizei erscheint dabei das Interesse an den Betroffenen von Gewalttaten. Was ist ihnen widerfahren, was sind die Folgen für sie, wie können sie damit umgehen, wie bewerten sie Angriffe? Ihre Perspektive fehlt zumeist in der öffentlichen Wahrnehmung. Eine Verschiebung der Aufmerksamkeit, weg von den unbekannten Tätern, bietet dagegen die Chance, sich mit Menschen und ihrem konkreten Erleben auseinanderzusetzen. Dass regional verankerte Beratungs- und Kommunikationsstrukturen, die sich um die öffentliche Vermittlung eben dieser Perspektive bemühen, faktisch fehlen, trägt letztlich auch zu dem bestehenden Diskurs-Defizit bei. Die Anregung, solche Strukturen auf- und auszubauen, ist übrigens auch im Bericht des NSU-Untersuchungsausschusses zu finden.

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Das Übliche: Stadtbild im August http://www.re-guben.de/?p=641 http://www.re-guben.de/?p=641#comments Mon, 19 Aug 2013 14:46:59 +0000 http://www.re-guben.de/?p=641 Wahlkampf also: Es darf plakatiert werden. An den Laternenpfählen sammelt sich Parteiwerbung. Die „Aktivisten“ mit den besonders langen Leitern sorgen derzeit dafür, dass das Gubener Stadtbild – wie andernorts auch – von NPD-Plakaten geprägt ist.

Guben, NPD-Plakat: Wie es ist, wenn die NPD sich "wehrt", war zuletzt in Eisenhüttenstadt zu erleben.

Wie es ist, wenn die NPD sich “wehrt”, war zuletzt in Eisenhüttenstadt zu erleben.

Daneben: The same procedure as every year. In der Lausitzer Rundschau heißt es: „Mit Kreide sind in der Nacht zum Freitag [16.8.] Unbekannte durch das Gubener Stadtgebiet gezogen und haben Graffiti an Häuserwände geschmiert. Wie die Polizei berichtet, wurden in der Klaus-Hermann- und in der Friedrich-Schiller-Straße auf Gehwege Schriftzüge mit Kreide aufgebracht. Auf einem Schulgelände in der Akazienstraße wurden mit Kreide Türen, Wände und Gehwege beschmiert. Die Polizei ermittelt.“

Kreidezeichnungen (!) in der Obersprucke zum Thema einer Polizeimeldung machen und dann über den Hintergrund schweigen – das hatten wir ja schon im Mai. Und wie zum 8. Mai fehlt auch jetzt, dass da noch mehr war. Parallel zu den Kreidezeichnungen wurden in Guben in durchaus wahrnehmbarem Ausmaß Rudolf-Hess-Plakate geklebt. Es war nämlich wie jedes Jahr Mitte August Neonazi-Aktionswoche, weil dem Hitler-Stellvertreter Hess am 17. August 1987 im Militärgefängnis Spandau sein Suizid gelang. Das Datum nehmen NS-Fans zum Anlass für jede Menge Verschwörungstheorien, Umdeutungen der Rolle eines führenden nationalsozialistischen Politikers und pathetisches Jammern.

Wir hören derweil etwas Musik.

 

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Fragen an Martin Neumann (FDP) http://www.re-guben.de/?p=531 http://www.re-guben.de/?p=531#comments Wed, 07 Aug 2013 11:53:24 +0000 http://www.re-guben.de/?p=531

Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann (MdB) kandidiert für die Freie Demokratische Partei (FDP) zur Bundestagswahl. Er ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und dort für seine Fraktion Sprecher für Forschungspolitik. In unserer Umfrage zur Bundestagswahl hat er uns Auskunft gegeben.

RE:GUBEN: Wie und mit welchen Schwerpunkten sind aus Ihrer Sicht Cottbus und Spree-Neiße mit organisierten Neonazis, ausländerfeindlichen Einstellungen sowie Ablehnung demokratischer Institutionen und Ideen konfrontiert?

Martin Neumann: Neonazistische Gruppierungen, ausländerfeindliche Einstellungen und Versuche unter Nutzung legaler Mittel und Methoden der politischen Willensbekundungen nazistisches Gedankengut zu verbreiten gibt es im ganzen Bundesgebiet. Diese Phänomene sind auch in der Lausitz nicht zu übersehen. Auffällig ist, dass insbesondere dort, wo es eine erhöhte Arbeitslosigkeit gibt, soziale Spannungen auftreten und Menschen kaum Chancen sehen, durch reguläre Arbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, ein günstiger Nährboden für populistische und ausländerfeindliche Parolen und Einstellungen besteht.

Worin sehen Sie Ursachen der genannten Phänomene? Wie können demokratische Akteure mit ihnen umgehen?

Nachdem der Euphorie der Wiedervereinigung Deutschlands der Alltag folgte und die Erkenntnis wuchs, dass Arbeit und Wohlstand nicht vom Staat verordnet und politisch erzwungen werden können und die versprochenen blühenden Landschaften kein Geschenk des Himmels sein werden, mussten neue Orientierungen, Erfahrungen und politische Überzeugungen gefunden werden. Dieser Prozess wurde begleitet durch eine prekäre wirtschaftliche Lage ganzer Regionen, mangelnde Arbeitsplätze, Unterbrechungen in persönlichen Bildungswegen und Karriereabbrüchen. Ein oft schmerzhafter Prozess, der Spuren hinterlässt und insbesondere Jugendliche aus betroffenen Familien empfänglich macht für Gruppierungen und Organisationen die scheinbaren Halt bieten und angeblich „Schuldige“ am Dilemma schnell ausmachen. Noch dazu schaffen es viele der rechtsextremen Gesinnungsverbände, mit populistischen Forderungen (Kinderschutz, Umweltschutz) Stimmen für sich zu gewinnen.

Die Koalitionsregierung hat dem in den letzten Jahren u.a. durch wirtschaftliches Wachstum, verringerter Arbeitslosigkeit, einem deutlichen Plus für Wissenschaft und Bildung, Schaffung von einem Mehr an Chancengleichheit und Verbesserungen in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein sehr erfolgreiches Mittel entgegengesetzt.

Wenn Sie in der Bundestagswahl 2013 gewählt werden, welche Ideen in Bezug auf eine Auseinandersetzung mit Neonazis, Ausländer- und Demokratiefeindlichkeit wollen Sie umsetzen?

Die Grundlage der Auseinandersetzung muss Wissen sein. Wissen um die Geschichte Deutschlands, Wissen um die wahre Gesinnung und die Zusammenhänge an den extremistischen Rändern der Gesellschaft. Als Kuratoriumsmitglied der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) setze ich mich bereits heute für eine breite politische Bildung, vor allem bei Jugendlichen ein. Ich lade regelmäßig Jugendliche (aber auch Erwachsene) in den Bundestag ein, um die Errungenschaften der Demokratie und des Rechtsstaats zu erklären, und die Europäische Ebene unserer Politik zu beleuchten.

In Cottbus gibt es Organisationen und Initiativen (z.B. Cottbus bekennt Farbe, Cottbus nazifrei), deren demokratische Maßnahmen und Demonstrationen ich unterstütze. Auch als Vorstandsmitglied der Karl-Hamann-Stiftung sorge ich für einen demokratischen Austausch von Wissen und Erfahrungen. Je präsenter demokratische Kräfte im Alltag sind, desto weniger Platz bleibt für Extremisten.

Wie kann Ihres Erachtens in Guben die öffentliche Erinnerung an Farid Guendoul und seinen Tod gestaltet werden? Worin sehen Sie Notwendigkeiten, Potenziale oder Schwierigkeiten einer solchen Erinnerung?

Die „Hetzjagd von Guben“ war ein Fall, der nicht nur hier in der Lausitz viel Aufmerksamkeit und Bestürzung auf sich gezogen hat. Dieser Vorfall zeigt beispielhaft, wohin Menschenverachtung und Fremdenfeindlichkeit selbst vor unserer Haustür führen können. Er sollte Mahnung und Verpflichtung dafür sein, nicht wegzuschauen und unduldsam zu werden gegenüber allen Versuchen nazistisches Gedankengut und Ausländerhass zu verbreiten, damit diese Tragödie sich niemals und nirgends wiederholen kann.

Thema: 4 Fragen zur Wahl →
weitere Bundestagskandidaten:
Birgit Wöllert (Die Linke) →
Sascha Kahle (Piraten) →
Wolfgang Nešković (unabhängiger Kandidat) →
Ulrich Freese (SPD) →
Wolfgang Renner (B90/Die Grünen) →

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Fragen an Birgit Wöllert (Die Linke) http://www.re-guben.de/?p=538 http://www.re-guben.de/?p=538#comments Wed, 07 Aug 2013 11:52:51 +0000 http://www.re-guben.de/?p=538 Birgit Wöllert (MdL) tritt für Die Linke zur Bundestagswahl an. Sie ist seit 2004 Mitglied des brandenburgischen Landtages und dort Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie. Seit 1990 gehört Birgit Wöllert der Stadtverordnetenversammlung Spremberg und seit 1998 dem Kreistag Spree-Neiße an. In unserer Umfrage zur Bundestagswahl hat sie uns Auskunft gegeben.

RE:GUBEN: Wie und mit welchen Schwerpunkten sind aus Ihrer Sicht Cottbus und Spree-Neiße mit organisierten Neonazis, ausländerfeindlichen Einstellungen sowie Ablehnung demokratischer Institutionen und Ideen konfrontiert?

Birgit Wöllert: Wir sind in unserer Region auf vielfältige Art und Weise mit den von Ihnen angesprochenen Problemen konfrontiert.

Organisiert sind Neonazis hier über den NPD Kreisverband Lausitz, über die nun verbotenen Spreelichter, aber auch über Kameradschaften, im Rockerclub Gremium und angeblichen Fangemeinschaften (Inferno). Darüber hinaus suchen sie zunehmend nach Möglichkeiten auch in Vereinen Einfluss zu gewinnen.

Ausländerfeindliche Einstellungen sind viel subtiler. Sie sind oftmals schon spürbar, wenn man hinter „anders“ aussehenden Menschen erst mal grundsätzlich vorsichtiger ist, weil man von ihnen irgendetwas befürchtet oder auch, wenn Kriminalität immer zuerst mit Ausländern in Verbindung gebracht wird. Sie zeigt sich allerdings auch darin, dass es viele Menschen gibt, denen es schwer fällt auch andere Lebensweisen zu tolerieren.

Worin sehen Sie Ursachen der genannten Phänomene? Wie können demokratische Akteure mit ihnen umgehen?

Ursachen sind vielfältig. Teilweise ist Unkenntnis über andere Kulturen, teilweise ist es das Gefühl der eigenen Überlegenheit und wieder andere glauben, ihnen gehe es nicht gut, weil zu viele Ausländer bei uns lebten.

Wenn Sie in der Bundestagswahl 2013 gewählt werden, welche Ideen in Bezug auf eine Auseinandersetzung mit Neonazis, Ausländer- und Demokratiefeindlichkeit wollen Sie umsetzen?

Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Bundesprogramme gegen rechts dauerhaft gefördert und finanziert werden und dass die Extremismusklausel aus den Förderprogrammen wieder gestrichen wird.

Ich werde mich für eine Antifaschismusklausel im Grundgesetz und für ein Verbot der NPD einsetzen, auch wenn dadurch allein das Problem nicht gelöst wird.

Blockaden als ziviler Ungehorsam gegen Aufmärsche von Neonazis und Rassisten müssen straffrei möglich sein.

Wie kann Ihres Erachtens in Guben die öffentliche Erinnerung an Farid Guendoul und seinen Tod gestaltet werden? Worin sehen Sie Notwendigkeiten, Potenziale oder Schwierigkeiten einer solchen Erinnerung?

Der Gedenkstein in Guben sollte gepflegt werden, damit die Erinnerung an das Ereignis nicht verblasst. Es bleibt wichtig, immer wieder daran zu erinnern, dass es Auswüchse rassistischer Einstellungen sind, die Leben und Gesundheit von Menschen mit anderer Hautfarbe bedrohen.

 

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